Stubaier Höhenweg

Der Stubaier Höhenweg vom 19. bis 31. Juli 2010

(HH) Vorwort

Gerd Engelke (GE) und ich (Herbert Hanno = HH) sind vom 19.07. bis 31.07.2010 den Stubaier Höhenweg gegangen. Die Planung erfolgte ausschließlich von Gerd, der die Idee mir gegenüber äußerte, und ich schloss mich an. Der Weg führt in der Regel über acht Etappen. Gerd hatte zwei Tage extra eingeplant, da er für alle Fälle etwas Lose haben wollte, dies sollte sich dann auch als richtig heraus­stellen.

(GE) Beschreibung

Der Stubaier Höhenweg ist einer der schönsten Höhenwanderwege Öster­reichs. Mit 120 km Länge und über 8000 Höhenmetern stellt der Stubaier Höhenweg auch entsprechende Anforderungen an die Bergsteiger. Trittsicher­heit, eine entsprechende Grundkondition, Schwindelfreiheit und richtige Aus­rüstung sind Grundvoraussetzung um die Bergwelt des Stubaitals von seiner schönen Seite kennenzulernen. Der Weg führt überwiegend durch hochalpi­nes Gelände und sollte nur bei ausreichender Bergerfahrung begangen wer­den. Die teilweise vorhandenen kunststoffbeschichteten Sicherungsseile bie­ten bei Regen oder Schneefall kaum Halt.

(HH) Anreise und Aufstieg zum Ausgangspunkt
19./20.07.2010 Flensburg – Starkenburger Hütte (2237 m)

Es ist etwa 22.00 Uhr, als meine Frau Karin Gerd und mich am Bahnhof Flens­burg abliefert. Der Zug soll um 22.30 Uhr abfahren. Gebucht ist ein Schlaf­wagenabteil, welches wir auch gleich aufsuchen. Der Versuch zu schlafen misslingt zunächst, da der Mitfahrer ein Fenster geöffnet hat und es sehr laut im Abteil ist. Unser Ziel ist München, wo der Anschlusszug nach Innsbruck erreicht werden soll. Wegen der Unruhe im Abteil dauert es zwar lange mit dem Einschlafen, aber es hat dann doch geklappt. Gerd erzählt am Morgen, dass er einen angetrunkenen Mann zweimal aus unserem Abteil raus kompli­mentieren musste, wovon ich nichts mitbekommen habe.

Gegen Morgen werde ich wach und schaue aus dem Fenster. Siehe da, wir sind in Würzburg und haben bereits 80 Minuten Verspätung Dies bedeutet für uns, dass der Anschlusszug nach Innsbruck in München nicht mehr zu errei­chen ist. Die Schaffnerin darauf angesprochen, hat  gleich eine Lösung parat, sie empfiehlt in Nürnberg in einen ICE umzusteigen, dann werden wir den Innsbrucker Anschlusszug noch erreichen. Sie macht einen entspre­chen­den Vermerk und wir folgen ihrem Rat. Wir erreichen München rechtzeitig. In Inns­bruck ist, um die Straßenbahn nach Fulpmes zu erreichen, ein kleiner Fuß­marsch von ca. 15 Minuten zum Westbahnhof zu bewältigen. Hier im Dorf ein Anstieg zur Kreuzjochbahn, mit der es hinauf auf 2190 m geht. Jetzt gilt es, die Wanderstiefel zu schnallen, um das letzte Teilstück zur Starkenburger Hütte zu bewältigen. Diese konnte übrigens schon ihr 110-jähriges Bestehen feiern. Ein schönes Zimmer bekommen wir zugeteilt. So können wir uns frisch machen, um dann mit einem frischen Weizenbier das Essen zu genießen.

Wir erfreuen uns bei sommerlichem Wetter an dem uns gebotenen Berg­pano­rama, ansonsten geht es früh ins Bett, denn Reisen ist anstrengend und wir möchten ausgeruht in den nächsten Tag starten.

(GE) 1. Tag:  21.07.2010 Stakenburger Hütte – Franz-Senn-Hütte (2147 m)
Etappe:  Länge 15 km , Aufstieg 440 Hm, Abstieg 530 Hm

Nach einem erholsamen Schlaf, wecken mich die durch das Fenster eindrin­gen­den Strahlen der über den Berggipfeln aufgehenden Sonne. Voller Erwar­­tung an den Tag und nach einem guten Frühstück beginnen wir das Abenteuer Stubaier Höhenweg mit einem Anstieg direkt ab der Hütte. Ich stelle sehr schnell fest, meine Schultern haben sich noch nicht an den Rucksack mit seinen ca. 18 kg  gewöhnt.

Noch haben wir die Sonne im Nacken. Aber ihre wärmende Kraft treibt sehr schnell die ersten Schweißtropen auf die Stirn, als wir den Südwesthang unter­halb des „Hohen Burgstall“ zum „Blachnsattel“ aufsteigen. Im gegenüber­liegenden Hang ist deutlich der weitere Wegeverlauf zu erkennen. Über ein ausgeprägtes Stein- und Schotterfeld unterhalb der „Kalkkögeln“ erreichen wir das „Seejöchl 2525 m“, den höchsten Punkt der Tagestour. Oberhalb des „Schlicker Sees“ führt die Route auf schmalem Bergpfad zum „Senderjöchel“, danach in südseitiger Richtung auf steilen Serpentinen und auf teilweise mit Seilen versichertem Weg zur „Roten Wand“. Die Sonne hat kein Erbarmen und heizt uns kräftig ein. Weit und breit ist kein Schatten zu finden. Auf fast gleichbleibender Höhe, später leicht absteigend, erreichen wir nach gut zwei Dritteln des Weges die „Seducker Alm“. Der kühle, durch den Almbauern ange­botene, gespritzte Apfelsaft wird von dem Körper dankbar aufgenommen.

Nach einer Stunde Rast geht es weiter zur „Hohen Schönen“ und in kurzem, sehr steilem Abstieg in die ausgeprägte „Viller Grube“. Nach einem zum Teil mit Drahtseilen versicherten Anstieg quert der Weg die Südosthänge des inneren „Oberbergtales“. Ein weiterer Abstieg über Serpentinen bringt uns nach fast acht Stunden an das Tagesziel „Franz-Senn-Hütte“. Hier können wir das letzte Doppelzimmer ergattern, bevor eine heiße Dusche uns all die  Stra­pazen vergessen macht. Den Abend lassen wir mit unserem Hüttenritual (zwei Weißbier und ein gutes Essen) ausklingen.

(HH) 2. Tag: 22.07.2010 Franz-Senn-Hütte – Neue Regensburger Hütte (2286 m), Etappe: Länge 8 km, Aufstieg 650 HM, Abstieg 500 Hm

Wecken erfolgt wie immer von Gerd, der ja bekanntlich Frühaufsteher ist, was mir aber gar nichts ausmacht. Nachdem sich frisch gemacht und schon ein bisschen gepackt wurde, gibt es Frühstück. Dies in aller Ruhe, da die heute anstehende Etappe eine der anspruchsloseren sein soll. Dann ist es soweit, gegen 07.45 Uhr starten wir, der Weg ist zunächst sehr moderat, so geht es zügig voran. Nach ca.1½ Stunden gibt es eine kleinere Trinkpause, dann folgt der Aufstieg zum „Schrimmennieder“. Über eine Steilstufe, wo man ein biss­chen ins Schwitzen gerät, wird das „Unnütze Grübel“ erreicht. Über einen weiteren Anstieg kommt ein ausgeprägter Rücken, bevor der Weg wieder leicht abfällt, um dann in Serpentinen aufsteigend zur Scharte „Schirmen­nieder 2714 m“ zu gelangen. Hier liegt vor uns ein schönes Schneefeld, wir suchen uns einen Platz zum Sitzen und genießen den wunderschönen Aus­blick bei herrlichem Sonnenschein. Ebenfalls anwesend ist eine größere Gruppe Italiener, die sich hier eine Schneeballschlacht liefert und ausgelassen herumtollt. Zur Belustigung aller trägt auch die Anwesenheit einer Ziege bei, die offensichtlich gewohnt ist, mit den Wanderern umzugehen, denn sie erwartet wohl Reste als Futter zu bekommen, was dann auch einige tun, indem dem Tier der Apfelkern zugeworfen wird. Dies führt aber auch dazu, dass das Tier immer aufdringlicher wird, sodass man es auch schon einmal vom Rucksack vertreiben muss. Nach einiger Zeit entschließt sich die Gruppe, ihren Weg fort zu setzen. Wir genießen noch die Bergwelt und die jetzt einkehrende Ruhe.

Gegen 13.30 Uhr gilt es dann aufzubrechen und das letzte Teilstück in Angriff zu nehmen. Also Rucksack auf und los, zunächst gilt es einen kleinen, etwas steileren Abstieg zu bewältigen, bevor es dann in vielen Kehren weiter abwärts geht, bis eine Gabelung erreicht ist, wo es einmal zur „Milderaunalm“ und einmal zur „Neuen Regensburger Hütte“ geht. Da es sehr warm und genügend Zeit vorhanden ist, wird noch einmal eine Trinkpause eingelegt. Dabei gesel­len sich zwei junge Leute und ein älteres Ehepaar zu uns. Es entwickeln sich interessante Gespräche, bevor es weiter zur Hütte geht, die in ca. 25 Minuten erreicht sein soll. Wir lassen uns jedoch viel Zeit und so dauert es eben etwas länger. Gerd macht viele schöne Aufnahmen, was ja so sein soll, denn er plant, einen Vortrag für unsere Sektion zu machen, damit der eine oder andere Geschmack bekommt, die Tour ebenfalls zu gehen. Dann ist die Hütte erreicht.

Da wir nicht vorbestellt haben und die Hütte ausgebucht ist, wird uns ein Lagerplatz zugewiesen, der sich in einer Nebenhütte befindet. Diese ist schon etwas älter, die Türen quietschen und die Plätze sind auch sehr eng bemes­sen. So sind wir froh, dass noch nicht so viele anwesend sind, als wir uns einrichten. Wir können zumindest unsere Rucksäcke ordentlich verstauen. Aber hier kann zumindest für 1 Euro zwei Minuten geduscht werden, was sehr willkommen ist. Auch sonst ist alles O.K., der Wirt ein netter Bursche (wie ja meistens), die Küche sehr gut, das Personal sehr freundlich und so kann man es hier aushalten. Am Abend gesellt sich das ältere Ehepaar zu uns, es kommt aus Regensburg und ist öfter einmal auf der zu ihrer Sektion gehören­den Hütte. So klingt der Abend bei tollem und regem Gedankenaustausch aus, bevor es ins Bett geht.

(GE) 3. Tag: 23.07.2010 Neue Regensburger Hütte

Ein kurzer Gang vor die Tür unseres Notlagers verheißt nichts Gutes. Die Hütte dient heute wohl als Namensgeber für das Tageswetter. Über Nacht ist Regen aufgekommen und dadurch haben wir sehr starken Nebel. Die Sicht ist zeitweise keine fünf Meter weit. Der Wetterbericht meldet für den weiteren Tag Starkregen mit schweren Gewittern. Wir beschließen zuerst einmal zu Früh­stücken, um danach mit vollem Magen eine Entscheidung zu fällen. Auf Grund des zu erwartenden Wetters bleiben wir eine weitere Nacht hier.

Da einige Bergsteiger deshalb die Tour beenden und absteigen, hat der Hüt­tenwirt ein Doppelzimmer für uns. Die zurückliegende Nacht im Notlager mit 14 Personen und einer sehr lauten Schnarchnase hat einen erholsamen Schlaf nicht ermöglicht. Am späten Nachmittag klart es ein wenig auf. Der gegenüberliegende Berg „Habicht 3277 m“ zeigt sich von seiner schönsten Seite und wir entschließen uns zur Erkundung eines Teils der nächsten Etappe. Das Vorhaben wird nach vierzig Minuten mit zwei mächtigen Donner­schlägen bei einsetzendem Starkregen abrupt beendet und zwingt uns zur Umkehr auf die Schutzhütte. So kommen wir doch noch zu einem guten Apfelstrudel und einem Haferl Kaffee.

(HH) 4. Tag: 24.07.2010 Neue Regensburger – Dresdner Hütte (2308 m)
Etappe: Länge 12 km, Aufstieg 900 Hm, Abstieg 850 Hm

Heute steht ein etwas längerer Weg (Schätzung 6 Std. Gehzeit) an, so dass wir früh aufstehen und unser Frühstück einnehmen. Das Wetter ist nicht be­rühmt, da wir aber bereits einen Tag zusätzlich auf der Hütte sind, entschlie­ßen wir uns zu gehen. Bei leichtem Regen und der Hoffnung, dass es irgend­wann besser wird. Nach ca. einer Stunde gehen wir durch ein Hochmoor, welches bei schönem Wetter sicherlich sehr, sehr schön aussieht. Doch wir sind im jetzt stärker werdenden Schneefall unterwegs, vor uns liegt das schon auf der Hütte angekündigte steile Schneefeld, welches wir zu überwinden haben, um zum Anstieg „Grawagrubennieder 2880 m“ zu gelangen. Bevor wir es ange­hen, erblicken wir zwei junge Leute, die ebenfalls den von uns eingeschla­genen Weg gehen wollen. Schnell sind wir uns einig, diesen den Vortritt lassen. Sie tun uns den Gefallen, und so machten wir uns hinter den Beiden auf den Weg. Es ist gar nicht so einfach in dem inzwischen 30 Zentimeter hohen Schnee den Anstieg zu schaffen, denn immer häufiger geht es einen Schritt vor und drei zurück.

Irgendwann ist es doch geschafft, und vor uns steht die erste Felswand, die es nun zu bewältigen gilt. Es handelt sich um einen bei normalem Wetter schon anspruchsvollen Anstieg, der jetzt ob des starken Schneefalls nochmals un­gleich schwieriger ist. Obwohl seilversichert, nützte es nicht viel, denn die Hand­schuhe rutschen am kunststoffbezogenen Seil entlang und man findet keinen Halt, diesen sucht man sich dann lieber am Felsen. Ja, es ist ein hartes Stück Arbeit, aber auch diese Hürde wird gemeistert und so stehen wir bei starkem Schneefall endlich oben, und können keinen Weg erkennen. Die Markierungen sind alle vom Schnee bedeckt und somit nicht sichtbar. Aber das Glück hilft und der Himmel öffnete einen Augenblick, so dass wir einen Pfahl als vermutete Wegmarkierung sehen. Gerd führt uns über sehr felsiges Gestein dort hin. Eine Orientierung ist gefunden.

Es folgt ein sehr, sehr felsiger Weg, die Begehung ist wiederum durch den Schneebelag erschwert, da es auf den Steinen sehr glatt und rutschig ist. Wir gelangen zu dem nächsten steilen Aufstieg, wo wir weiter oben zwei Menschen entdecken, die uns eindeutig entgegen kommen. Wir treffen ein junges Pärchen, er etwa Mitte Zwanzig, sie etwas jünger, beide haben einen Regenumhang um. Beide sind schon ziemlich durchnässt, und frieren. Auch erscheinen sie uns nicht so bergerfahren. Sie fragen uns nach der Schwie­rigkeit dieses Weges. Gerd berichtet ihnen, wie er sich darstellt und gibt den Rat, lieber umzukehren, da es beim Grawagruben Nieder doch sehr gefährlich war und dies beim Aufstieg. Er würde den Weg bei dieser Schneelage nicht im Abstieg machen wollen. Zunächst ignorieren die Beiden den Rat, worauf Gerd nochmals eindringlicher auf die Gefahren hinweist.

Als wir dann zu erkennen geben, dass wir weiter möchten und gehen, kom­men die Beiden hinterher und fragten, ob sie sich anschließen dürfen. Gerd willigt ein und übernimmt die Führung, denn es ist nicht so ganz einfach, bei dieser Wetterlage den Weg zu finden. Aber Gerd macht es hervorragend. Er geht nicht einmal falsch und so kommen wir langsam aber stetig voran und erreichen schließlich ein Hochmoor, wo sich eine Abzweigung zum Mutter­berger See befindet. Hier wollen Gerd und ich eine Trinkpause machen. Das nehmen die beiden Fremden zum Anlass, alleine weiter zu gehen, offenbar wollen sie ein schnelleres Tempo gehen, denn ab hier ist es schon wesentlich flacher und ob des moorigen Untergrunds leichter einen Weg zu erkennen. Sie bedanken sich für Gerds Mühe und gingen davon.

Wir tranken und gingen dann auch, da es beim Stehenbleiben auch gleich ganz schön kalt wird. So gelangen wir zu einer kleinen Brücke über einen Gletscherbach zu einer festen Straße, diese führt steil hinauf und wir folgen bis zu einem Schild Richtung Dresdner Hütte, welches uns irritiert, denn es befindet sich am rechten Wegrand einer Piste und zeigt nicht eindeutig die Richtung. Wir gehen also weiter dem Weg folgend, bis eine weitere Wegemar­kierung auf der linken Seite vorhanden ist. Dieser Richtung folgend, kommt nochmals ein Anstieg und wieder ein Abstieg, bis wir endlich, ja endlich die Hütte erreichen.

Es waren jetzt genau 9 ½ Stunden vergangen und es reicht so langsam, da es uns auch kalt wird. Also hinein, als erstes betreten wir den Trockenraum, wo eine moderne Trockenanlage die Stiefel und unsere Bekleidung aufnimmt. Dann rein und die Anmeldung erledigt, es wird uns ein Zweibettzimmer mit Dusche auf dem Gang zugeteilt. Als erstes unter die Dusche und richtig schön lange und warm geduscht, es ist eine Erholung und man fühlte sich wie neu geboren. Dann runter, wir wohnen im 3. Stock, und haben uns zum Grillabend angemeldet, welcher zusammen mit dem Frühstück 16,50 € kostete. Aber man glaubt gar nicht, was es alles gibt. 1. Salate, 2. Vorsuppe, fünf Sorten Grillfleisch, Nachtisch verschiedene Puddings und dann fünf Sorten Kuchen. Ob wir wohl alles probiert haben?? Nein es war einfach nicht zu schaffen, aber nur so nebenbei es waren nur zwei Fleischsorten, die wir ausgelassen haben. Meiner Frau berichte ich an diesem Abend, dass man mich ins Bett rollen könne.

Dann gibt es noch oben drauf Marillenschnaps und Bier, und zur Überra­schung aller, spielt eine Blaskapelle aus Neustift und nicht nur Blasmusik, nein die haben viele Musiker dabei, die als Solisten etwas zum Besten geben, so dass es noch ein langer Abend wird. Inzwischen führen wir Gespräche mit den beiden jungen Leuten, die wir zur Umkehr überreden konnten. Sie beda­nken sich bei Gerd nochmals herzlichst, dass er sie überzeugt hatte. Ebenfalls gibt es noch einen Schnack mit den Beiden, die wir am Schneefeld vorge­lassen haben. Sie erzählen, dass sie dem Pärchen auch zur Umkehr geraten hatten, diese haben es aber nicht annehmen wollen. Zu erwähnen wäre noch, dass nur wir vier an diesem Tag die Strecke gegangen sind. Fazit: es war ein sehr, sehr anstrengender Tag, der uns bis ans Limit gefordert hat, aber man ist um viele Erfahrungen reicher geworden. So z.B., dass warme Kleidung bei jeder Bergtour auch im Sommer wichtig  ist.

(GE) 5. Tag: 25.07.2010 Dresdner Hütte – Sulzenau Hütte (2196 m)
Etappe: Länge 4 km, Aufstieg 400 Hm, Abstieg 500 Hm

Von der Hütte vorbei, an der Mittelstation der Stubaier Gletscherbahn, über eine Brücke, queren wir den Fernaubach. Dann steiler Aufstieg über Block­werk  und Geröllhalden bis zur Weggabelung „Trögler“ oder „Peiljoch“. Da uns der Vortag noch etwas in den Beinen steckt, entscheiden wir uns für die kürzere Strecke über das „Peiljoch 2672 m“. Auch hier erwarten uns einige durch Seilversicherung entschärfte steile Passagen. Die gesamte Scharte des Peiljochs ist zugebaut mit Steinmannderln. Zahlreiche, für uns unbekannte Künstler mit viel Verständnis für Statik, haben bei den zum Teil über zwei Meter hohen Skulpturen ihre Spuren hinterlassen. Nach einer kurzen Rast steigen wir über Serpentinen ab. Über eine Eismoräne und am Gletschertor des „Sulzenauferner“ vorbei führt uns der Weg zur „Sulzenau Hütte“. Nachdem wir unser Gepäck auf das sehr schmale Vierbettzimmer gebracht und den Waschraum aufgesucht haben, endet auch dieser Tag mit dem abendlichen Hüttenritual.

(HH) 6. Tag: 26.07.2010 Sulzenau – Nürnberger Hütte (2297 m)
Etappe: Länge 5 km, Aufstieg 650 Hm, Abstieg 550 Hm

Heute steht eine kleinere Etappe von voraussichtlich ca. 5 Std. an. Trotz allem gehen wir um 07.30 Uhr die Tagesetappe an. Zunächst führt der Weg über eine kleine Brücke, bevor es dann über sehr, sehr steiniges Gelände etwas ansteigend voran geht. Es handelt sich um ein sehr schönes Gelände, wel­ches bewachsen ist mit ca. 60 cm hohen Sträuchern. Dann folgt ein Moränen­gelände, wo man erkennen kann, wie weit sich doch diese gewaltigen Glet­scher ausgedehnt hatten, bevor die Erderwärmung und damit die Schmelze sie in die heutigen “Grenzen“ zurück drängte. Wie schön ist es doch,  in dieser Idylle wandern zu dürfen. Nach ca. 1 ½ Stunden ist der „Grünausee“ erreicht, wo es uns gelingt, wunder­bare Fotos zu machen. Ein Paar Schluck aus der Wasserflasche und weiter geht es.

Nun wird die Gabelung erreicht, wo die Entscheidung fallen muss, ob der Weg über die „Mairspitze (2781m)“ oder übers „Niederl (2629 m)“ führt. Wir ent­scheiden uns  für die zweite Variante. So führt der Weg zunächst über ein Hochmoor, vorbei an vielen kleineren Wasserlöchern, dann noch einen wun­der­schönen Blick zurück, wo wir den Grünausee in seiner vollen Schönheit nochmals bewundern, bevor der Anstieg zum Niederl erreicht ist. Jetzt geht es steiler, dann sehr steil voran. Zu erwähnen ist, dass diese Strecke mit dem schwarzen Punkt versehen ist; Kenner werden wissen, was es bedeutet. Dann ist das Niederl erreicht, es gibt die ersehnte Trinkpause, bevor es weiter mit der Bewältigung des Abstiegs geht. Wir folgen zuerst einem verkehrten Weg und finden keine Markierungen. Nach ca. 50 m Abstieg suchen wir mittels Karte unsere Position zu bestimmen. Bei einem Blick nach oben sehen wir zwei Wanderer, die sich offenbar auf dem richtigen Weg befinden. Sie dirigie­ren uns zurück zum Weg, was sehr, sehr anstrengend ist, da es sich um unwegsames Gelände handelt. Es geht auch wieder aufwärts, aber dann ist es geschafft, und zusammen mit den beiden Wanderern aus der ostdeutschen Stadt Aue steigen wir ab. Dann ist auch schon die Hütte in Sicht und kurze Zeit später erreicht.

Wir bekommen gemeinsam ein Zimmer zugewiesen. Später, wir vier sitzen im Gemeinschaftsraum und genießen ein Bier, da treffen zwei Bergkameraden der Sektion Hamburg ein. Sie wirken sehr hektisch, worauf ich frage, ob sie den Berg oder der Berg sie geschafft habe? Die Antwort: Ein Kamerad ist etwa 10 Minuten vor der Hütte drei Meter abgestürzt, wir brauchen unbedingt Hilfe. Da der Hüttenwirt auch Bergretter ist, leitet er sofort die Maßnahmen ein. Ein Hubschrauber mit Bergrettung kommt, um den Kameraden zu versorgen und in die Klinik nach Hall zu fliegen. Wie sich später herausstellt, hat der Kamerad einen Beckenbruch, Rippenbruch und Schlüsselbeinbruch erlitten. Abends gibt es wunderbares Essen und das eine oder andere Bier bei tollen Gesprächen mit unseren Bergfreunden aus Aue und Hamburg, bevor wir uns gegen 22.00 Uhr zur Ruhe begeben.

(GE) 7. Tag: 27.07.2010 Nürnberger Hütte

Da sich unser Nachtlager im oberen Stockwerk der Hütte befindet, höre ich schon am frühen Morgen den Regen auf die Dachfläche prasseln. Soll es heute wieder ein Hüttentag werden? Ein Erkundungsgang vor die Hütte bestä­tigt meine Befürchtung. Die Gipfel rundherum waren alle samt mit einer dich­ten Schneedecke überzogen. Ich schätze die Schneefallgrenze bis herab auf ca. 2300 m. Bei Schnee und Regen ist diese Etappe gefährlich, da der Anstieg teilweise über steilen Gletscherschliff ohne zusätzliche Aufstiegshilfen führt und die Sohlen des Bergschuhs kaum Halt auf dem glatten Fels finden. Wir müssen keine Unfälle riskieren! Außerdem haben wir noch genug Zeit bis zur Heimfahrt. Unsere neu gewonnen Bergkameraden aus Aue steigen wegen der Wetterlage ab und beenden ihre Tour. Die Kameraden der Sektion Hamburg verbringen wie wir den Tag auf der Hütte.

Am Nachmittag geht der starke Regen in Nieselregen über, und die Schnee­fallgrenze zieht weiter nach oben. Deshalb gehen wir ca. 1 ½ Std. bis zur ers­ten Kletterstelle der Etappe. Der Weg ist am Anfang in einem recht feuch­ten und teilweise morastigen Zustand. Doch schon bald wird er durch festen Fels und Blockwerk besser. Die Bewegung tut gut, und das Abendessen schmeckt umso besser. Den Abend verschönt der Hüttenwirt mit seinen Freun­den. Mit Harfe und Schifferklavier werden heimatliche Lieder vorge­tragen.

Anmerkung: Auf der Nürnberger Hütte sind die Portionen so groß, da springt wahrscheinlich kein deutscher Schäferhund mit Sportabzeichen darüber.

(HH) 8. Tag: 28.07.2010 Nürnberger – Bremer  Hütte (2413m)
Etappe: Länge 5km, Aufstieg 600 Hm, Abstieg 450 Hm

Gut gefrühstückt geht es um 07.30 Uhr auf Strecke. Wir überwinden einen steinigen, teilweise Seil versicherten Abstieg und kommen zu einer Brücke (ein Brett, welches ca. 3 Meter über den „Langetalbach“ führt). Nun geht es über ein kleines Hochmoor, bis die steilere Passage (mit Seil versichert) erreicht ist. Diese wird ohne größere Schwierigkeit von uns bewältigt, aber es war schon nicht ganz ohne. Oben angekommen, haben wir einen wunder­schönen Blick zurück zur „Nürnberger Hütte“, die eingehüllt in strahlenden Sonnenschein im Berg liegt. Einfach herrlich dieser Ausblick, aber es soll noch besser kommen. Der Weg führt uns jetzt in das so genannte „Paradies“, vor uns öffnet sich eine Landschaft, die seines gleichen sucht und kaum woanders zu finden ist. Ein Hochmoor, bewachsen mit Wollgras und Binsengras, ein kleiner See, um­rahmt von den Gletschern, die sich rundherum befinden, ein­fach fantastisch, wir genießen es ausgiebig, hier zu sein, bevor es weiter geht. Hier hat es sich ganz besonders ausgezahlt, den Regentag abzuwarten.

Dann weiter stetig ansteigend, wie sollte es anders sein, teilweise Seil ver­sichert, an ausgesetzter Stelle begegnen uns Einheimische. Sie sind dabei, den Weg wieder begehbarer zu machen, da er hier und da bereits etwas abgerutscht ist. Man muss diese Burschen einfach bewundern, wie sie mit sicherem Auge sehen, wo es etwas zu verändern gilt, damit der Bergwanderer sicheren Fußes sein Ziel erreicht. Dann gilt es noch, ein Schneefeld zu über­winden, und so gelangt man zu einer alten Zollhütte (2754m), wo es wiederum eine ausgiebige Pause gibt. Hier treffen von beiden Seiten viele Bergwanderer ein, um diese wunderschöne Aussicht zu genießen. In weiter Ferne sind Tourengeher auf dem „Simmingferner“ zu erkennen, dies alles bei strahlen­dem Sonnenschein. – Kann Wandern schöner sein!!?? Es geht zunächst steil, dann flacher werdend hinab zur Bremer Hütte. Eine etwas kleinere Hütte, die aber wohl gerade renoviert wurde, denn der eine Trakt scheint total neu zu sein. Der alte Teil ist sehr urig und gemütlich, der Hüttenwirt ein ebensolcher mit einem eigenen Humor, der aber gut ankommt. Nachdem wir uns frisch gemacht haben gab es erst einmal eine Rindfleisch­brühe mit Nudeln und Wurst. Schon war der Tag wieder gerettet.

Fazit dieser Etappe, es ist und war die schönste von allen. Nun lassen wir den Tag in Ruhe ausklingen. Gegen 16.30 Uhr treffen die einheimischen Arbeiter, die wir am Berg getroffen haben, ein. Sie werden von der Wirtin mit Kaffee und Kuchen versorgt. Aus ihren Gesprächen ist zu entnehmen, dass sie am nächs­ten Tag wohl nicht raufgehen wollen, da sie schlechtes Wetter erwarten. Ob dieser Botschaft ist für Gerd und mich klar, dass wir, wenn es so kommt, absteigen würden. Die Einheimischen werden dann mit dem Versorgungslift vom Hüttenwirt ins Tal befördert. Gegen 22.00 Uhr gehen wir in die Koje, in der Hoffnung, dass das Wetter uns wohl gesonnen sein möge.

GE) 9. Tag 29.07.2010 Bremer Hütte – Gschnitztal (Feuerstein 1281 m)
Etappe: Abstieg 1332 Hm

Der Wettergott ist wahrlich nicht mit uns. Für die nächsten zwei Tage sind wie­der schwere Regenschauer und ein Absinken der Schneefallgrenze angesagt. Nach einem ausgiebigen Frühstück beschließen wir, nicht zur Innsbrucker Hütte zu gehen, sondern zum Abstieg in das Gschnitztal. Somit kommen wir nicht in Gefahr, auf Grund von schlechten Wetterverhältnissen unseren Zug in Innsbruck zu verpassen.

Um 08:00 Uhr beginnen wir mit dem Abstieg. Nachdem wir das „Trauljöchel“ bei der Hohen Burg passiert haben und der Bergpfad stetig nach oben führt, überprüfen wir sicherheitshalber noch einmal unseren eingeschlagenen Weg mittels der Karte. Das Ergebnis: Wir haben eine Abzweigung verpasst und sind auf dem zweiten Weg zur Innsbrucker Hütte. Weiter Talwärts war der richtige Weg deutlich zu erkennen. Da das Gelände nicht allzu schwierig war, entschließen wir uns auf selbst bestimmter Route, den richtigen Bergpfad anzusteuern. Nach einer kurzen Rast setzt der angekündigte Regen ein und das Gelände wird zunehmend rutschiger. Unsere Entscheidung war richtig.

Gegen 12.30 Uhr erreichen wir trotz Wetterkleidung durchnässt die  „Lapones­alm 1472 m“ im Talschluss. Bei einem deftigen Mittagessen kommen die Lebensgeister zurück und die Kleidung hat Zeit, am Körper zu trocknen. Die von uns angestrebte Unterkunft Feuerstein hat wegen Umbau kein Zimmer zur Verfügung. Wir werden einige Hundert Meter zu einem Bauernhof geschickt, wo wir bei einer sehr netten Bäuerin ein Doppelzimmer mit Frühstück bekom­men. Am Abend beenden wir diesen Tag und die Bergtour (Stubaier Höhen­weg) mit einem ausgiebigen Abendessen.

(HH) 30.07.2010 Gschnitztal

Heute gilt es, unsere Unterkunft auf dem Bauernhof im Gschnitztal und mit dem Bus um 09.15 Uhr das Tal in Richtung „Steinach am Brenner“ zu ver­lassen. Das Wipptal dürfte noch einigen Sektionsmitgliedern geläufig sein. In Steinach führt uns der Weg direkt zur Touristinfo, wo man uns eine Bleibe für eine Nacht besorgt. Diese befindet sich ca. 15 Minuten Fußweg vom Bahnhof entfernt. Somit haben wir am nächsten Morgen einen kurzen Weg, um den Zug nach Innsbruck zu erreichen und von da die Heimreise anzutreten.

Uns erwartet ein schönes Haus, wo uns eine fast vollständige Wohnung zugewie­sen wird. Es fehlt nur die Küche, ansonsten eine wirklich sehr schöne Bleibe.  Nachdem wir uns eingerichtet haben, folgt ein Spaziergang durch den Ort, mit einer kleinen Kaffeepause in einem Bäckerfachgeschäft. Da uns dies nicht sonderlich befriedigt, kehren wir in einem Cafe bei dem Tennisplatz ein, um nochmals ausgiebig Kaffee und Kuchen zu genießen. Ansonsten ist in die­sem Ort nicht so furchtbar viel los, und so gehen wir abends auf die Suche, wo es hier etwas zum Essen gibt. Da uns im Ort nicht ein Lokal so recht zusagt, gelangen wir nach einem steilen Aufstieg (Steigung zwischen 16-20 %) zu einer Gastwirtschaft mit Restaurant. Hier hoffen wir, etwas aus der einheimi­schen Küche zu bekommen. Es gelingt auch, aber das Essen ist nur dürftig, so machen wir uns doch etwas unzufrieden auf den Heimweg. In der Woh­nung treffen wir noch Rückreisevorbereitungen, bevor wir zu Bett gehen, denn Reisetage sind anstrengend.

(GE) 31.07.2010 Rückfahrt: Steinach am Brenner – Flensburg

05.30 Uhr, der Wecker meldet sich. Heute könnte ich einmal länger ausschla­fen, doch wir müssen die Bahn erreichen. Der Bäcker brachte rechtzeitig die Semmeln (Brötchen), und wir hatten Zeit, in aller Ruhe zu frühstücken. Dann den noch schwerer gewordenen Rucksack auf die Schultern und ab zum Bahn­hof. Vorbei am Patscherkogel (noch bekannt von einer Sektionstour 2005) und am Berg Igels mit seiner neuen Sprungschanze, fahren wir nach Innsbruck Hautbahnhof. Hier warten wir auf dem uns von der Auskunft in Deutschland genannten Gleis 6 zur Weiterfahrt nach München. Durch Zufall bekomme ich mit, dass dieser Zug schon immer von Gleis 2 abfährt. „Deutsche Bahn – tolle Auskunft.“

In München haben wir nach Fahrplan auf den Anschlusszug nach Hamburg eine Stunde Zeit. Diese wollen wir für ein Mittagessen nutzen. Erster Umstieg in Wörgl (Österreich). Das Mittagessen können wir vergessen, der Zug aus Zell am See hat 40 Minuten Verspätung. Somit reicht es in München gerade noch für eine Leberkas-Semmel vom Kiosk, bevor wir in den überfüllten ICE nach Hamburg einsteigen. Zum Glück haben wir Platzkarten. In Flensburg holt uns Karin nach ca. 14 Stunden Bahnfahrt am Bahnhof ab, wobei sie feststellt, dass wir uns im Aussehen überhaupt nicht verändert hätten.

Eine sehr schöne und empfehlenswerte Bergtour ist zu Ende.