Tag 1 Die achtköpfige Gruppe erreicht nach ein paar Umstiegen und einer nicht gerade schlafreichen Nacht im Zug vormittags bei sonnigem Wetter das Lechtal. Per Taxi gelangen wir über eine kurvenreiche Fahrt zum Ausgangspunkt unserer Bergtour in Namlos im gleichnamig Tal. Rucksack auf und los! Zunächst wandern wir auf einem breiten Forstweg dem Bach folgend, und dann im ständigem Auf und Ab in ein Tal hinein. Hier überqueren wir ein paar Almwiesen auf einem gut begehbarem Pfad und halten grob auf die Felsmauer des Maldongrats zu. Von nun an geht es immer weiter bergauf. Fast alle sind etwas geschafft von der schlaflosen Nacht im Zug, und so erreichen wir nach knapp fünf Stunden und ca. neun Kilometer die Anhalter Hütte unterhalb der Heiterwand. Die meisten gönnen sich jetzt ein kühles Bier in der abendlichen Sonne.
Tag 2 Um 8.15 Uhr machen wir uns auf zur Muttekopfhütte, um uns herum die nebelverhangenen Gipfel. Anfangs folgen wir einem gut begehbaren Bergweg leicht bergab. Dann wird der Weg zunehmend steiniger, steigt zuerst nur leicht an, dann immer steiler; zuletzt ist er mit Stahlseilen gesichert. Bald darauf erreichen wir das Steinjöchl.
Hier oben genießen wir die gute Aussicht auf die umliegenden Berge und die Hahntenjochstraße bei einer kleinen Verschnaufpause. Weiter nun auf einem steinigen Wiesenhang, der bald schon in einen Latschenhang mit relativ breitem Weg übergeht, bis zur Hahntenjochstrasse hinab. Zuletzt führt der Weg über steile und schroffe Geröllhänge des Hahntenkars, anfangs mit ein paar Steigeisen, bis zum Scharnitzsattel (2.441 Meter) hinauf. Nur wenige Wanderer begegnen uns auf dem Weg. Oben haben wir eine grandiose Aussicht, aber es ist ziemlich zügig, und so suchen wir hinter den Felsen eine windgeschützte Stelle für eine Rast.
Auf der anderen Seite geht es weiter in Serpentinen durch ein großes Kar wieder steil hinab; teilweise überqueren wir kleinere Schneefelder. Dann wird der Weg zunehmend flacher. Über schöne und bunte Wiesenhänge mit lichtem Latschenbewuchs und Alpenrosen erreichten wir schließlich die Muttekopfhütte auf 1.934 Meter, unser Quartier für die Nacht.
Tag 3 Heute geht es über 1.000 Höhenmeter und sieben Stunden Gehzeit zur Hanauer Hütte, zunächst in Richtung Muttekopf. Gleich am Anfang entdecke ich einen schwarzen Alpensalamander in einer Steinlücke. Der Weg verläuft zunächst über gut zu gehendes Gelände stetig bergauf. Weiter oben, kurz vor den nackten Felsen, durchqueren wir eine Ziegenherde, die sich durch uns nicht stören lässt. Kurz vor der Scharte führt der Weg über einige Felsspalten steil nach oben. Hier gibt es ein Stahlseil, das die Stelle etwas entschärft.
Von der Scharte auf 2.630 Meter nehmen wir nach kurzer Pause den Weg in Richtung Hanauer Hütte, da Gewitter u. Regen vorhergesagt ist. Ein Schild weist uns den Weg, der mit schwarzem Punkt („schwerer Weg“) markiert ist. Das macht einige von uns nachdenklich, aber es gibt kein Zurück. Auf der anderen Seite der Scharte queren wir die Kübelwände. Ein gutes Stück seilversichert steigen wir durch den Schotter langsam bergab und durchqueren einen teilweise grasigen und felsschotterigen Talkessel. Zeit für eine Rast, doch in wenigen Minuten zieht es sich zu. Also nichts mit Pause, sondern in Windeseile die Regensachen anziehen. Der Gruppenführer meint, wir müssen möglichst schnell hoch zum Galtseitenjoch (2.421 Meter) und drüber. Inzwischen blitzt es und kurz darauf kommt der Donner. Das Gewitter ist ca. 1,5 Kilometer entfernt, und so steigen wir ziemlich schnell auf dem nassen, rutschigen Hang über den lehmigen und felsigen Boden hinauf. Inzwischen regnet und hagelt es heftig, das Wasser fließt uns in Strömen entgegen, es wird zunehmend windiger, je höher wir kommen. Nun nur noch ein kleines Stück auf leicht ansteigendem Schotterpfad!
Oben auf dem Galtseitenjoch kommt die Sonne zeitweise zum Vorschein und das Gewitter verflüchtigt sich so schnell, wie es gekommen ist. Bald verdichtet sich das grasige Gelände und etwas weiter gibt es wieder Sträucher und Latschenkiefern. Der Weg verläuft noch ein gutes Stück nach unten, zieht sich gewaltig in die Länge, doch dann haben wir die Hanauer Hütte erreicht. Insgesamt haben wir knapp 10 Stunden gebraucht, doch nun werden erstmal die nassen Stiefel gegen Hüttenschuhe getauscht.
Tag 4 Der Himmel ist von einem Wolkenschleier bedeckt, unten im Tal steigt der Nebel auf. Wir brechen um 8.45 Uhr auf, um über die Vordere Dremelscharte auf die andere Seite des Lechtaler Hauptkamms, zur Steinseehütte zu gelangen. Nach unten öffnen sich schöne Panoramen auf die umliegenden Berge und das Tal. Nach gut zwei Stunden erreichen wir die Scharte und haben wunderbare Sicht auf den türkisblauen Steinsee.
Der Platz bietet sich für eine kurze Pause an. Danach beginnt der steile Abstieg zum See mit Drahtseilversicherung. Das lose Geröll erfordert die ganze Aufmerksamkeit und vorsichtiges Gehen. Hier tritt ein Mitwanderer auf einen großen Stein, der berstend auseinanderbricht und ihn einen Meter mit nach unten zieht. Zum Glück ist nichts passiert und wir können den Weg vorsichtig fortsetzen. Allmählich wird der Steig flacher und die Wegverzweigung am See rückt immer näher. Es grummelt schon in der Ferne, ein paar Regentropfen fallen. Wir bewegen uns in schnellen Schritten zur nahegelegenen Steinseehütte, da es nun heftig zu regnen beginnt und das Gewitter über uns hereinzubrechen droht.
Tag 5 Gegen 8 Uhr am Morgen wird die Hütte von einem Helikopter versorgt – ein spannender Augenblick, den wir uns nicht entgehen lassen. Ein Viertelstündchen später machen wir uns auf den Weg zum Württemberger Haus. Der Steig führt uns immer steiler durch das Gestein, zum Schluss durch Schotter und blanken Fels zur Rosskarscharte (2.430 Meter) hinauf. Auf der anderen Seite geht es durch eine Felsenrinne, stahlseilversichert, steil hinab. Wir klettern, manchmal mit Hilfe der Hände, steil zur Gebäudespitze (2.450 Meter) hinauf. Auf der anderen Seite folgt ein schlechter, zuerst nicht versicherter Steig steil hinab. Spätestens hier beginnt eine herausfordernde Kletterei an einer Absturzstelle, bevor dann schließlich wieder ein besserer Weg über bunte Blumenhänge zum Württemberger Haus führt.
Tag 6 Ziel der letzten Etappe ist die Memminger Hütte. Dichte Nebel hängen im Tal. Anfangs führt der Weg über sanfte Wiesenhänge, dann in steinigen Serpentinen hinunter, immer grob am Medriolbach entlang. Die Luft ist von dichtem Nebel verhüllt, der langsam versucht, uns einzuholen. Viele Wanderer kommen uns von oben entgegen. Ab hier wird der Weg immer beschwerlicher. In Serpentinen windet er sich steil nach oben, anfangs noch mit Latschen bestückt. Immer öfter halten wir inne, um kurz zu verschnaufen. Die Aussicht ist grandios, je höher wir aufsteigen. Es folgt noch eine ausgesetzte Passage mit Kletterstelle, und wir nehmen die Hände zu Hilfe. Zuletzt ziehen wir uns an dem Stahlseil nach oben und erreichen die Seescharte auf 2.610 Meter.
Auf der anderen Seite steigen wir wieder durch Felsen – es ist nochmal ganze Konzentration erforderlich – bis zum mittleren Seewisee hinab. Hier sehen wir zwei Murmeltiere, deren Pfeifen nicht zu überhören ist. Am unteren Seewisee angekommen, ist es nicht mehr weit bis zur Memminger Hütte, (2.242 Meter).
Tag 7 Sechs Tage Bergsteigen liegen hinter uns, und so endet die Tour mit dem Abstieg ins Tal. Die morgendlichen Nebel verdunsten langsam. Zuerst geht es gemütlich über einen kleinen Pfad bergab, dann wird der Weg mit Felsgestein durchbrochen. Bewachsene Grashänge an den Seiten und teilweise tiefere Abgründe seitlich sorgen für Abwechslung. Niederrauschende Bäche, mit dem Regen der letzten Tage angefüllt, werden durchquert. Plötzlich kreuzen bei einer Biegung einige Steinböcke unseren Weg. Nach oben hin aufgereiht, ergeben sie ein schönes Bild. Schnell ein paar Fotos machen, bevor sie wieder verschwinden!
Inzwischen geht es wieder steiler nach unten. Da sieht man auch schon die Brücke im Madautal. Das zu 9 Uhr bestellte Bustaxi Feuerstein kommt zehn Minuten zu früh und fährt ohne uns ab. Inzwischen lacht die Sonne und es wird zunehmend wärmer. Kurze Beratschlagung. Sechs Stunden auf das nächste Bustaxi wollen wir nicht warten, und so bleibt uns nichts anderes übrig, als den 9 Kilometer langen Forstweg ins Lechtal hinab zu Fuß zurückzulegen. Gemächlich bergab, den Fluss an der Seite, wandern wir in geteilter Gruppe das letzte Stück nach Bach. Dort angekommen, wird die Tour in einem Biergarten offiziell beendet.
Text und Bilder
Walburga Göttsche