Geschichte der Sektion

Aus der Chronik der Sektion Flensburg:

Zahlen • Nachdenkliches • zum Schmunzeln

Im Juni und August 1924 kamen Alpenfreunde im Hotel „Union“ in Flensburg zusammen, um Vorbesprechungen zur Gründung einer Sektion des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins zu führen. Am 2. Oktober 1924 beriefen sie die Gründungsversammlung ein. Durch Zuruf wurden einstimmig in den Vorstand gewählt:

  • Erster Vorsitzender: Herr Professor Tamm aus Flensburg
  • Zweiter Vorsitzender: Herr Eisenbahnoberingenieur Altenburg aus Flensburg
  • Erster Schriftführer: Herr Rechtsanwalt Dr. Trenckner aus Flensburg
  • Zweiter Schriftführer: Herr Buchdruckereibesitzer Geisel aus Flensburg
  • Schatzmeister: Herr Sparkassendirektor Hansen aus Flensburg
  • Erster Beisitzer: Herr Studienrat Cruse aus Flensburg
  • Zweiter Beisitzer: Herr Konrektor Mohr aus Flensburg
  • Dritter Beisitzer: Herr Bankbeamter Schmidt aus Flensburg

Ferner wurde ein Wanderausschuss gebildet. In diesen wurden einstimmig durch Zuruf gewählt:

  • Herr Konrektor Mohr aus Flensburg
  • Herr Kaufmann Koschwitz aus Flensburg
  • Herr Sparkassendirektor Hansen

Die Sektion Flensburg wurde 4. März 1925 in das Vereinsregister beim Amtsgericht eingetragen. Der Mitgliedsbeitrag wurde auf 10 RM jährlich festgesetzt. Zum Jahresende 1931 zählte die Sektion 61 Mitglieder.

Die Einladungskarte zum Alpenfest 1935 ist es wert, erwähnt zu werden:

„Werte Sägzionsmitglieder zu Ehren von euren Zehnjährigen Stiftungsfest hat der Ausschuhs beschlohsen, euch ein alpenfest zu machen am Samstag, den 23. Februar um 8 Uhr abends beim Wirt im Bahnhofshotel. Essen und Musik frei. A jeder wo am Fest teilnimmt zahlt nur an kloan’n Unkostenbeitrag von zwoa Markln und alsdann dauert es bis zum 3 Uhr in der Fruah. Erscheinen ist Pflicht, aber bitte in Gebirgstracht oder z’wenigst in oan Wanderanzug mit Feststimmung, womit wir euch grüßen. Der Festausschuß.“

Während des Zweiten Weltkriegs ruhte das Vereinsleben. Nach einem Antrag bei der Alliierten Militärregierung und dessen Genehmigung am 25. März 1946 wurde die Vereinstätigkeit wieder aufgenommen.

Am 11. Februar 1950 wurden die ersten 25 Jahre des Bestehens der Sektion mit einem fröhlichen Alpenfest gefeiert. Das Flensburger Tageblatt schrieb darüber:

„Während der 25 Jahre ihres Bestehens war die kleine Sektion Flensburg des Deutschen Alpenvereins immer sehr rege. … Durch Wanderungen zu allen Jahreszeiten werden Leib und Seele frisch und die Beine beweglich erhalten. Freunde des Schilaufs ziehen natürlich den Winter in den Bergen vor, den eigentlichen Bergsteiger lockt es im Sommer dahin. Seine Sehnsucht ist das Reich der Dreitausender … Auf vielen herrlichen Bergen haben sie hier das höchste Glück des Bergsteigers erlebt: Die Gipfelstunde, in der er nach oft langem, beschwerlichen Steigen und Klettern den Lohn seiner Mühen erntet. Hier wird Umschau gehalten über die erhabene Welt der Berge, soweit das Auge reicht. In dieser gewaltigen Natur wird der Mensch still und andächtig. Ehrfürchtig erkennt er hier, wie klein und nichtig er ist.“

Die österreichische Bergsteiger-Zeitschrift „Schutzhütten-Rundschau“ schrieb ebenfalls im Rahmen des 25-jährigen Jubiläums:

„Der alpenfernste Alpenverein ist die Alpenvereins-Sektion Flensburg; sie ist die nördlichst gelegene alpine Organisation. Trotz der großen Entfernung von den Alpen zählt sie hervorragende Bergsteiger und begeisterte Alpenfeunde zu ihren Mitgliedern.“

In den Jahren 1949 bis 1974 wurde jährlich ein „Alpenfest“ gefeiert. Im Jahre 1952 schien es mit 130 Teilnehmern besonders großartig gewesen zu sein. Im Protokoll steht:

„Und als um 3 Uhr zur ‚Hüttenruhe‘ geblasen wurde, war eigentlich nur die Kapelle müde.“

Regelmäßige Vortragsveranstaltungen im Winterhalbjahr erfreuten nicht nur die Mitglieder der Sektion, sondern waren gerade in der Nachkriegszeit wahre Straßenfeger für die Flensburger Bevölkerung. In der Einladung zu einem Lichtbildervortrag am 16. Januar 1947 im „Schwarzen Walfisch“ steht:

„Der Vortrag kann nur stattfinden, wenn jeder Teilnehmer vorher, bis spätestens Donnerstag Mittag, ein Stück Feuerungsmaterial beim Wirt abliefert.“

Am 14. Novemer 1950 war ein ganz besonderer Vortragsgast in Flensburg: Die mehrfache Weltmeisterin Christel Cranz berichtete aus ihrem Skiläuferleben. Am 19. Oktober 1952 konnte mit Anderl Heckmaier aus Oberstdorf ein weiterer berühmter Referent begrüßt werden. Sein Vortrag „Wanderungen in Nordnorwegen und Lappland“ erntete reichen Beifall.

Besonderer Beliebtheit erfreuten sich die Skifahrten, die von 1956 bis 1972 von Studienrat Bomsdorf und bis 1997 von Joachim Strobelt in den Osterferien durchgeführt wurden. Mit 40 Jugendlichen ging es 1956 in die Silvretta. Im Jahr darauf befanden sich 37 Jugendliche laut Flensburger Tageblatt „Flensburger Jugend im ‚Höhenrausch‘ – Skilauf zwischen Krokussen und Anemonen“. Weitere Fahrten ins Ferwall, auf die Disalpe, nach Splügen, Alpe Radons, Tenna und Miraniga/Graubünden sind mit bis zu 60 Teilnehmern protokolliert.

Vom 3. bis 4. Juni 1961 fand im Europa-Hotel in Flensburg die Tagung des Nordwestdeutschen Sektionenverbandes statt.

Im August 1969 erkletterte der damalige Vorsitzende, Professor Dr. Helmut Vogt, das Matterhorn. Am 16. August 1969 steht im Flensburger Tageblatt:

„Was erwartet man vom Vorsitzenden einer Alpenvereins-Sektion, die – wie die Flensburger – hier im flachen Norden ‚beheimatet‘ ist, wo man auch die höchsten ‚Berge‘ noch per Fahrrad erklimmen kann? Sicher nicht nur die treuliche Erfüllung aller Vereins-Obliegenheiten. Aber wohl auch kaum, daß er im Alter von 60 Jahren noch selbst das Matterhorn erklettert. Genau das hat Prof. Dr. Helmut Vogt – übrigens nach einem Konditionstraining in unserer schönen Marienhölzung – in seinem diesjährigen Urlaub getan. Und zwar nach der Devise: Die beste Sommerfrische ist das große Erlebnis.“

Die Mitgliederzahlen entwickelten sich zunächst stets nach oben, gingen aber auch wieder  zurück. Hatte die Sektion zum Jahresende 1951 noch 118 Mitglieder, waren es 1959 bereits 244 und erreichte mit 360 Mitgliedern zum Jahresende 1963 einen Höchststand, der in den weiteren zehn Jahren dramatisch bis auf 233 Mitglieder zurück ging. In einem Schreiben vom 23. Januar 1974 appellierte der Vorstand an die Mitglieder:

„Die Lage der Sektion Flensburg ist z.Zt. ausgesprochen kritisch, ja, wir befinden uns in einer Existenzkrise! … Die Kassenlage der Sektion ist durch hohe unvorhergesehene Ausgaben nicht nur schlecht, sondern wir haben Schulden.“

Dennoch wurde am 4. Oktober 1974 in einem großen Jubiläumsfest das 50-jährige Bestehen der Sektion gefeiert. 117 Personen fanden sich im festlich geschmückten Saal des Europa-Hotels ein und feierten bis kurz nach 2 Uhr früh.

Am 8. Mai 1982 fand zum zweiten Mal die Jahrestagung des Nordwestdeutschen Sektionenverbandes in Flensburg statt.

In der Jahreshauptversammlung 1987 wurde beschlossen, eine Hütten-Patenschaft mit der Fiderepaß-Hütte der Sektion Oberstdorf einzugehen. Die Sektion Oberstdorf nahm das Angebot an, als südlichste Sektion die Bergfreunde der nördlichsten Sektion auf der Hütte begrüßen zu dürfen.

In den Jahren 1975 bis 2000 finden sich keine außergewöhnlichen Dokumente in den Akten. Das Sektionsleben ging seinen gewohnten Gang mit Wanderungen, Lichtbildervorträgen und den obligatorischen Versammlungen. Im Protokoll der Hauptversammlung vom 2. Februar 2000 fällt allerdings auf, dass nach über 30 Jahren keine Jugendskifahrten mehr unternommen werden:

„Heute steht bei den Jugendlichen weniger das Skifahren im Vordergrund, man will eher Spaß haben, Discobesuche und Nachtleben.“

In den Unterlagen aus dem Jahre 2000 ist mehrfach zu lesen, dass fünf der sechs Vorstandsmitglieder ihre Ämter überwiegend aus Altersgründen nicht mehr weiterführen möchten. Das Thema „Auflösung der Sektion“ ist das Top-Thema in den Protokollen. Auf der Jahreshauptversammlung am 7. Februar 2001 fanden sich jedoch fünf Mitglieder zur Übernahme eines Amtes bereit. Die Sektion Flensburg blieb bestehen. Nur ein Jahr später ist wieder von Auflösung die Rede. Auf einer Außerordentlichen Mitgliederversammlung am 6. November 2002 konnte der Vorstand jedoch wieder komplett besetzt werden.

Anlässlich der Euro-Umstellung zum 1. Januar 2002 wurden die Mitgliedsbeiträge wie folgt festgesetzt:

  • 41,00 Euro für A-Mitglieder
  • 23,00 Euro für B-Mitglieder
  • 20,00 Euro für Junioren
  • 11,00 Euro für Jugendliche
  • 2,00 Euro für Kinder

Am 2. Oktober 2004 feierte die Sektion Flensburg mit einem Bergfest ihr 80-jähriges Bestehen.

Die Jahresmitgliederversammlung am 28. Februar 2007 war wieder ein unerfreulicher Termin für die Sektion, wieder wurden Vorstandsämter frei, wieder keine sofortigen Nachfolger in Sicht, wieder musste das Thema „Auflösung der Sektion“ diskutiert werden. Nach unzähligen Gesprächen und einem Schreiben durch den Hauptverein München an alle Mitglieder konnte wieder ein neues Vorstandsteam gebildet und auf der Außerordentlichen Versammlung am 29. Juni 2007 gewählt werden.

Mit dem neuen Vorstand kam neuer Schwung in die Sektion Flensburg. Das Wanderangebot wurde ausgeweitet, und neben den bisherigen Alpentouren werden attraktive Wanderreisen zu den Top-Trails in Deutschland sowie in Europa und Asien unternommen. Aber nicht nur die Wandergruppe, insbesondere auch die Klettergruppe und die Fahrradgruppe werden immer größer. Dieser Schwung ist auch in der Mitgliederentwicklung deutlich sichtbar:

Mitgliederentwicklung
Im Gründungsprotokoll wurde leider keine Angabe der Anzahl der Gründungsmitglieder gemacht. Die erste Nennung einer Mitgliederzahl erfolgte im Protokoll von 1939. Deutlich ist der Einbruch von 1975 bis 1980 zu sehen (siehe oben erwähnter Appell des Vorstands von 1974). Seit Übernahme des aktuellen Vorstandteams im Jahr 2007 konnte die Mitgliederzahl jährlich gesteigert werden (2014: Stand August).

Vom 28. bis 30. Mai 2010 war die Sektion Flensburg zum dritten Mal Ausrichter des Großen Verbandstages des Nordwestdeutschen Sektionenverbandes.

Am 2. Oktober 2014 wurde die Sektion Flensburg 90 Jahre alt. Dieser Geburtstag wurde am 31. Oktober 2014 mit einem Sektionsfest für die Mitglieder und einem öffentlichen Multivisionsvortrag mit dem Südtiroler Extrembergsteiger Hans Kammerlander über seine Besteigung der „Seven Second Summits“ gefeiert.

Fünf Jahre später, am 15. November 2019, war zum 95. Jubiläum die Kletterlegende Stefan Glowacz unser Gast in Flensburg. In der Aula der Ostseeschule hielt er einen grandiosen Vortrag über seine Expeditionen „Von der Arktis bis in den Orient“.